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Energetische Sanierung Wer profitiert? Wer verliert?

Ende Dezember 2019 wurde das Klimapaket von der Bundesregierung beschlossen. Für Hausbesitzer wird sich nun einiges ändern:

Die Energiekosten unsanierter Gebäude mit fossilen Heizungen verteuern sich zukünftig erheblich. Im Gegenzug verbilligen sich die Energiekosten gedämmter Häuser, die durch erneuerbare Energien gespeist werden.

Zentrales Element des Klimapakets ist eine höhere CO2-Bepreisung. Diese Erhöhung soll schrittweise erfolgen. Der Einstieg 2021 wird mit einem Preis von 25€ pro Tonne CO2 für Kraft- und Brennstoffe des Verkehrs und des Gebäudebereichs stattfinden. 2022 steigt der Preis auf 30€, 2023 auf 35€, 2024 auf 45€ und 2025 auf 55€ pro Tonne CO2.

Ein Beispiel: Hauseigentümer, die in einem 150-Quadratmeter-Haus mit einem durchschnittlichen Energiestandard und rund 2.000 Liter Heizölverbrauch pro Jahr leben, müssen von 2021 bis 2025 mit Mehrkosten von insgesamt 1.200€ rechnen. Ab 2025 werden sich die Kosten vermutlich weiter erhöhen.

Gefördert wird ab Januar 2020 die energetische Sanierung. Ein Element wird hier die steuerliche Absetzbarkeit von energetischen Sanierungsmaßnahmen sein. Hierzu zählt der Einbau neuer Fenster, die Gebäudedämmung oder das Einbauen einer Lüftungsanlage. Hier können 20% von bis zu 200.000€, maximal 40.000€, innerhalb von drei Jahren steuerlich abgesetzt werden. Auch hier greift eine Staffelung:

  1. Jahr: 7%, bis zu 14.000€
  2. Jahr: 7%, bis zu 14.000€
  3. Jahr: 6%, bis zu 12.000€

Die Regelung gilt von 2020 bis 2029.

Die Kosten für Energieberater fallen zukünftig ebenfalls unter energetische Maßnahmen und können zu 50% steuerlich abgezogen werden.

Ebenfalls wird es eine Austauschprämie für alte Ölheizungen geben. Hier werden 45% der Kosten bei einem Kesseltausch übernommen, wenn ein klimafreundlicheres Modell auf der Basis erneuerbarer Energien eingebaut wird. Beim Einsetzen einer Wärmepumpe oder einer Biomasseanlage werden die Kosten in voller Höhe bezuschusst. Bei einer Erdgas-Hybridheizung, die einen erneuerbaren Anteil von mindestens einem Viertel hat, z.B. durch Einbindung einer Solartherme, gibt es einen Zuschuss in Höhe von 40%.

Weitere Zuschüsse gibt es auch für effiziente und klimafreundliche Heizungen, die mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Neue Ölheizungen werden anders als noch vor Kurzem üblich, gar nicht mehr gefördert. Auch weitet die KfW ihre Kreditangebote und Förderprogramme für energetische Sanierungen aus.

Soweit so gut. Sollte man meinen. Doch schaut man sich das Programm einmal genauer an, wird schnell vor allem eines klar:

Wer die finanziellen Polster hat, um in sein Haus zu investieren, profitiert besonders von den beschlossenen Maßnahmen. Allen anderen, die nicht mal eben Handwerksunternehmen beauftragen können, um Fenster zu ersetzen und ihre Häuser mit durchaus umstrittenen Dämmmaterialien sanieren zu lassen, haben nur eine Möglichkeit - weitere Kredite aufnehmen oder schlicht und ergreifend: Mehr zahlen!

Nicht jede Familie, die sich ein Häuschen vom Munde abgespart hat, kann mal eben die komplette Heizungsanlage austauschen lassen. An dem ein oder anderen Politiker in diesem Land scheint es immer noch vorbeizugehen, dass viele Familien in den letzten Jahren bei steigenden Ölpreisen froh waren, wenn sie sich das Heizen überhaupt leisten konnten! Und wir reden hier nicht von gewünschten tropischen Raumtemperaturen, sondern meistens von einem Mindestmaß an Heizen, um alte Häuser schimmelfrei zu halten. Eben jene Häuser, die auch nicht ganz so einfach zu dämmen sind, ohne den zusätzlichen Einbau von Lüftungsanlagen, weil mangelnde Diffussionsoffenheit wiederrum Schimmelbefall im Innenraumbereich erheblich fördert.

Nun sitzen also viele Saarländer in ihren Häuschen älteren Baujahres und sehen sich konfrontiert mit erheblichem Aufwand und Kosten, müssen abwägen, was sie sich zumuten und leisten können oder was sie bereit sind draufzuzahlen, wenn sie nicht innerhalb eines vorgegebenen Zeitraumes in der Lage sind, alles soweit zu sanieren.

Profitieren tun wieder jene, die ihre Schäfchen ohnehin soweit im Trockenen haben, dass sie sich nun auch noch staatlich gefördert, ihr Stückchen vom Klimasahnekuchen abholen können. Inzwischen dürfte eigentlich allen klar sein, dass die Klimawende unabdingbar ist und völlig außer Frage steht. Aber zur Frage stehen muss doch, auf wessen Rücken nun wieder vermeintlich hilfreiche Pakete ausgetragen werden? Dieses von der Bundesregierung auf den Weg gebrachte und beschlossene Maßnahmenpaket, lässt doch wieder all jene im Regen stehen, die sich ohnehin schon täglich abstrampeln, um den Alltag für sich und ihre Familien finanzieren zu können. Es geht vorbei an den Menschen, die sich mit Mühe und Not ihre eigenen vier Wände geschaffen haben und über einen langen Zeitraum geplant haben auch in Eigenarbeit zu renovieren und sanieren!

Nun also staatlich verordnete energetische Sanierungsmaßnahmen oder: die Zeche zahlen!

Für manch eine Familie dürfte es der Wahl zwischen Teufel und Beelzebub gleichkommen. Jetzt müssen zackig Fenster raus, Heizkessel getauscht und munter mit nicht recyclefähigem Material gedämmt werden, um im Endeffekt einer Strafzahlung zu entgehen. Schulden machen ist eine weitere Option, wahlweise staatlich gefördert bei der KfW. Aber Kredite bleiben am Ende des Tages Kredite. Kredite, die weiter auf den Schultern der ärmeren Bevölkerungsschicht lasten, die in den letzten Jahren unter den wachsenden Belastungen ohnehin immer breiter werden mussten.

Besonders perfide erscheint die Tatsache, dass man inzwischen bereitwillig jene Menschen, die sich unermüdlich für den Schutz des Klimas einsetzen, ausspielt gegen jene, die das durchaus auch befürworten und sinnvoll finden, die sich aber schlicht und ergreifend jeden Tag damit konfrontiert sehen, ob sie sich das leisten können! Klimaschutzpolitik darf nicht auf dem Rücken derer ausgetragen werden, die die schwächsten Glieder in der Kette unserer Gesellschaft sind. Hier müssen endlich jene zur Rechenschaft gezogen werden, die seit Jahrzehnten politisch legitimiert und gefördert ihren Dreck in die Atmosphäre unseres Planeten blasen! Es muss endlich eine andere Politik gemacht werden, die es unmöglich macht immer nur weiter eine Wegwerfgesellschaft zu befeuern, Müllberge stetig wachsen zu lassen, den ÖPNV seit Jahren zu vernachlässigen und die Weichen immer nur auf noch mehr Profit für die großen Unternehmen stellt!

Von all den vermeintlich guten Maßnahmen zum Klimaschutz können nicht wieder nur jene profitieren, die es sich ohnehin leisten können, während andere nun unter Druck geraten, wie die Zukunft ihres Eigenheims, ihres Zuhauses für sich und ihre Familien aussehen kann und soll. Nicht diese Menschen, die mehr schlecht als recht heizen können im Winter, sind die CO2-Sünder in diesem Land! Die wahren CO2-Sünder sind jene, die es sich leisten können, für jeden Kurztrip ins Flugzeug zu steigen, weil es schlicht bequemer und schneller ist, als sich mit der Bahn quer durch die Republik abzumühen. Die wahren CO2-Sünder sind nicht jene Menschen, die ohnehin schon mit dem Rad auch weite Wege zur Arbeit fahren, weil sie sich das Auto nicht mehr leisten können. Zahlreiche Studien belegen eindeutig: Die einkommensschwachen Menschen sind eben jene, die am wenigsten CO2 produzieren! Und eben jene dürfen doch jetzt nicht diejenigen sein, die unterm Strich am meisten zur Kasse gebeten werden, weil sie schlicht nichts haben, um es in energetische Sanierungen zu stecken. Und das nicht, weil sie es nicht möchten oder weil ihnen das Klima am Ende des Tages egal ist.

Mit dieser Einstellung tut man diesen Menschen, die es ohnehin schon schwer genug haben, Unrecht. Klimaschützer und ärmere Menschen auszuspielen darf und kann nicht das Anliegen sein. Diese Vorgehensweise muss massiv bekämpft und geächtet werden, denn sie wird unsere Gesellschaft weiter spalten.

All jenen, die meinen jeder kann sich den Klimaschutz leisten, sei gesagt: All die Bundesregierungen der letzten Jahrzehnte haben wissentlich und willentlich in Kauf genommen, dass Umweltschutz stiefkindlich behandelt und belächelt wurde. Die Politik der letzten Jahrzehnte hat versagt, nicht der „kleine Mann“, der einen alten Diesel fährt, weil er sich schlicht nix anderes leisten konnte! Und eben jener „kleine Mann“, wird sich egal ob mit oder ohne Prämie auch kein E-Auto leisten können. Spannt endlich jene vor den Karren, die dieses Desaster verursacht haben.

Lasst euch nicht ausspielen und gegeneinander aufhetzen, sondern lasst uns gemeinsam für eine Klimawende eintreten, die sozialverträglich gestaltet wird, die nicht die Schwächsten bestraft oder im Regen stehen lässt und die endlich jene Unternehmen zur Verantwortung zieht, die diesem Planeten wirklich in ihrer unermüdlichen Profitgier massiv schaden, ihn ausbeuten für immer höhere Gewinne. Ein grüner Kapitalismus ist und bleibt ein Kapitalismus, der uns nicht helfen wird, die eigentliche Ursache zu beheben. Packen wir das Übel an der Wurzel und stehen ein für einen Systemwechsel. Ein System für alle Menschen und die Welt in der wir leben und nicht einen Kapitalismus, der einer ewigen Maschinerie gleicht, die nun Morgenluft wittert auf der Suche nach grünen Profiten!

 

 

12. August 2021   -   Ausarbeitung

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